Mit dem Orange Pi RV2 habe ich nach dem Banana Pi F3 einen weiteren SBC mit RISC-V Kernen bestellt.

Orange Pi RV2
Der Orange Pi RV2 wird von einem Ky RISC-V Prozessor mit acht Kernen angetrieben. Mein Modell verfügt über 8GB Hauptspeicher, weitere Varianten kommen mit 2GB oder 4GB daher. An das Board sind gleich zwei GBit Ethernetbuchsen angeschlossen. Drei USB 3.0 und eine USB 2.0 Typ A Buchse ermöglichen den Anschluss von Peripheriegeräten. Eine full-size HDMI Buchse ermöglicht einen einfachen Anschluss an ein Display.Die mit farbkodierten Headern bestückte GPIO Leiste hat 26 Pins.
Auf der Oberseite des Boards steht ein 2230 M-Key M.2 Anschluss zur Verfügung. Auf der Unterseite befindet sich noch ein weiterer der auch 2280 Karten aufnehmen kann. Ebenso an der Unterseite ist der eMMC Sockel untergebracht.

| Abmessungen | 89 * 56mm |
| SoC | Ky X1 8-core RISC-V AI |
| GPU | ?? |
| Hauptspeicher | 2/4/8GB LPDDR4X |
| MicroSD Slot | + |
| eMMC Slot | + |
| M.2 | 2*M.2 M-Key, PCIe2.0 2 Lane NVMe |
| WLAN / Blutooth | 5.0 / 5.0 BLE |
| Ethernet | 2 * 1GBit |
| Videoausgabe | full-size HDMI bis 1920*1440@60fPS |
| Audio | 3,5mm Klinkenbuchse |
| GPIO | 26 Pin |
| USB 3.0 | 3* |
| USB 2.0 | 1* USB A 1* 4Pin Header |
| Spannungsversorgung (USB-C) | 5 V/ 5A |
| Taster | PWR ON |
Inbetriebnahme
Auf eine 32GB SanDisk Ultra µSD flashe ich die Ubuntu Version, die von Orange Pi zur Verfügung gestellt wird. Diese trägt die Version 1.0.0 und basiert auf Noble Numbat. Es handelt sich dabei nicht um ein Standard Ubuntu Image, da der Kernel speziell für den Ky Prozessor gepatcht wurde, wie ein uname -r zeigt. Der RV2 bietet keine Befestigungen für einen aktiven Kühler, daher klebe ich zwei Kupfer Heatsink auf SoC und RAM. Dies führt allerdings zu dem Nachteil, dass der M.2 Slot auf der Oberseite durch den Kühlkörper blockiert wird. Die Kühlkörper senken im Leerlaufdie Temperatur um etwa 5°C.

Vor dem ersten Boot, stecke ich HDMI- und Ethernetkabel sowie Maus und Tastatur an. Zur Stromversorgung wähle ich das bewährte Raspberry Pi 5 Netzteil.
Der Orange Pi RV2 bootet zügig hoch und loggt den User orangepi automatisch ein. Dieser hat sudo Rechte (Passwort „orangepi“). Damit kann ich die WLAN Verbindung konfigurieren und den ssh Zugang aktivieren.
Tests
Der RV2 besitzt das gleiche Triumvirat an Massenspeicher, die auch beim Orange Pi 5 Pro vorhanden sind, daher ziehe ich diesen als Vergleich heran.
Da der SoC mutmaßlich identisch mit dem Banana Pi BPI-F3 ist, ist dieser dabei die Referenz.
CPU
Es ist ein kleines Rätsel, wer den SoC von Ky fertigt. Aber 8 RISC-V Kerne auf 1600MHz klingt doch verdächtig nach dem SpacemiT K1 Otca-core X60 SoC, der auch beim Banana Pi BPI-F3 zum Einsatz kommt.
sysbench ist immer noch nicht für die RISC-V Architektur portierter und in den Ubuntu Repositories verfügbar. Leider habe ich es hier nicht geschafft, es aus den Sources zu compilieren. Daher habe ich das Executable vom BPi-F3 auf den RV2 kopiert, auch hier zeigt sich, dass das der Ky SoC ein umgebrandetes SpacemiT ist, da sysbench sofort lief.
Mein übliches overclock Script habe ich angepasst, dass es auch mehr als 4 Kerne ausnutzen kann. Außerdem kann es die Geschwindigkeit eines evtl. vorhanden Lüfters ausgeben.
#! /bin/bash
THREADS=$(nproc)
function fan_speed() {
if [ -f /sys/devices/platform/cooling_fan/hwmon/hwmon2/fan1_imput ]; then
echo -n "Fan-Speed am {$1}: "
cat /sys/devices/platform/cooling_fan/hwmon/hwmon2/fan1_input
fi
}
cat /sys/devices/system/cpu/cpu0/cpufreq/scaling_cur_freq
fan_speed "Anfang"
vcgencmd measure_temp
sysbench cpu --cpu-max-prime=1000 --threads=${THREADS} run >/dev/null 2>&1
cat /sys/devices/system/cpu/cpu0/cpufreq/scaling_cur_freq
for f in {1..10}
do
vcgencmd measure_temp
sysbench cpu --cpu-max-prime=50000 --threads=${THREADS} run
done
cat /sys/devices/system/cpu/cpu0/cpufreq/scaling_cur_freq
vcgencmd measure_temp
fan_speed "Ende"
WLAN
Der Orange Pi RV2 verbindet sich mit Wi-Fi 5 mit meiner Fritz-Box. Die externe Antenne wurde bereits vormontiert geliefert.

Der iperf3 Durchlauf kommt auf 205 MBit/sec und 244 MBit/sec in Empfangsrichtung.

MicroSD

Der Durchsatz der µSD ist deutlich besser als beim 5 Pro.
NVME
Als Test NVME montiere ich eine Crucial P3 500GB, diese verwende ich auch in meinem Nextcloud Pi.

eMMC

Ich überlegte schon, wo ich ein passendes eMMC Modul bestellen könnte als mir einfiel, dass ich das Modul, das im Orange Pi 5 Pro steckt wieder verwenden könnte. Also habe den Pro aus seinem Gehäuse ausgebaut und das eMMC entfernt. Es lies sich problemlos in den Sockel auf der Unterseite des RV2 stecken und wurde vom OS unter /dev/mmcblk2 gelistet

Der erste Test mit sysbench brach mit dieser Fehlermeldung ab.
FATAL: Failed to fsync file! file: 0 errno = 22 (Invalid argument)
Nach etwas Suche in den Logs und Recherche im Netz kam ich dahinter, dass der eMMC Treiber scheinbar den sync, den sysbench auslöst, um die Testdaten wirklich auf den Datenträger zu schreiben, nicht unterstützt. deshalb habe ich den sysbench Aufruf um die beiden Parameter --file-fsync-freq=0 --file-extra-flags=direct erweitert, um das Problem zu umgehen.

Mit 98,23 MB/sec beim Lesen und 65,56 MB/sec beim Schreiben bleibt die Geschwindigkeit des eMMC unterhalb der Werte, die ich beim Orange Pi 5 Pro gemessen habe. Allerdings könnten das auch von den beiden zusätzlichen Parametern beim sysbench Aufruf beeinflusst sein.
Alle I/O Messungen habe ich auch hier wieder tabellarisch zusammengefasst.
| Lesen (MiB/s) | Schreiben (MiB/s) | |
|---|---|---|
| MicroSD | 11,96 | 7,78 |
| NVme | 338,54 | 225,73 |
| eMMC | 98,23 | 65,56 |
| Raspberry Pi 5 MicroSD | 30,85 | 20,45 |
Temperatur
Beim Langzeittest mit
stress-ng --cpu 8 --cpu-method matrixprod --metrics-brief --tz --timeout 30mbringe ich alle 8 Kerne so fast zum Kochen (das ist wörtlich gemeint, der SoC heizt sich zwischenzeitlich auf gut 90°C auf😄 Der Heatsink heizt sich dabei auf eine Temperatur hoch, bei der die Berührung unangenehm wird.

Die hohen Temperaturen machen sich auch im Wärmebild deutlich bemerkbar.

Stromverbrauch
Da auch die USB-C Buchse hochkant auf der Platine steht, muss ich die RV2 senkrecht stellen, damit ich mein Messgerät vernünftig anschließen kann. Im Leerlauf gibt mir dieses eine Leistungsaufnahme von 1,5W aus. Unter Volllast zieht der SBC immerhin 4,866W aus dem Netzteil.


Insgesamt benötigt der Orange Pi RV2 weniger Strom als der Banana Pi.
Fazit
Der Orange Pi RV2 beweist, dass der hohe Stromverbrauch, den ich am BP-F3 gemessen hatte, nicht allein dem Prozessor zu zuschreiben war.
Die Dreierkombination aus µSD, NVME und eMMC setzt sich immer weiter durch. Vermutlich ist eine Speicherkarte bald gar nicht mehr notwendig.
Die hohe Wärmentwicklung des SoC muss ich kritisieren. Ohne ein passendes Gehäuse mit aktiver Kühlung ist mir das System definitiv zu warm.
Durch den Einsatz der lizenzfreien Kerne ist dieser SBC mit 8GB Speicher aktuell für weniger als 90 Euro zu bekommen.